Bei der letzten Sitzung des städtischen Mobilitätsausschusses am 3. Mai hat die beauftragte Beraterfirma SSP Consult den aktuellen Stand der “Machbarkeitsstudie Seilschwebebahnen in Stuttgart” vorgestellt. Danach ist manches klarer und vieles noch sehr unklar.

Die Fakten

1. Nach Prüfung verschiedener Alternativtrassen, etwa über das Vaihinger Schulzent-rum, bleibt es bei der ursprünglich ins Auge gefassten Strecke vom Eiermann-Campus (vom Investor “VAI Campus” genannt) über das Vaihinger Freibad entlang der Vollmoellerstraße zum Vaihinger Bahnhof.

2. Nach Prüfung verschiedener Alternativtrassen, etwa über das Vaihinger Schulzentrum, bleibt es bei der ursprünglich ins Auge gefassten Strecke vom Eiermann-Campus (vom Investor “VAI Campus” genannt) über das Vaihinger Freibad entlang der Vollmoellerstraße zum Vaihinger Bahnhof.
Zwischen Eiermann-Campus und der Station Freibad sind insgesamt drei (zwischen 45 und 60 Meter hohe) Stützen vorgesehen. Zum Vergleich: Das Hotel Fontana am Vaihinger Bahnhof ist ungefähr genauso hoch.

3. Die erste Zwischenstation soll direkt auf das Gebäude gebaut werden, in dem sich die Umkleiden des Vaihinger Hallenbads befinden. Die Seilbahn wird an dieser Stelle steil an- bzw. abgeführt, um rasch die entsprechende Flughöhe von circa 50 Metern zu erreichen. Dazu ist auf der Wiese am Spielplatz Ecke Vollmoeller-/ Krehlstraße eine zusätzliche massive Stütze eingeplant.

4. Eine weitere solche Stütze ist im Grünstreifen vor dem “Rosenpark” in der Nähe der Robert-Koch-Straße vorgesehen.

5. Im Bereich Vaihinger Bahnhof sollen gleich zwei Stationen entstehen, die durch ein Brückenbauwerk über die Vollmoellerstraße verbunden werden. Der Bahnhof-West auf der Seite des Vaihinger Stadtparks ist als Antriebsstation gedacht. Der Bahnhof-Ost soll Teil eines multifunktionalen Hub-Gebäudes werden. Zusätzlich soll hier ggf. ein Depot zum Warentransport für den Eiermann-Campus entstehen.
Von dort soll die Trasse über Wallgraben und Industriestraße bis zu einem P+R Park-haus an der Autobahn führen.

6. Von dort soll die Trasse über Wallgraben und Industriestraße bis zu einem P+R Parkhaus an der Autobahn führen.

7. Anschließend präsentierte der zuständige Ingenieur von SSP Consult einen groben Vergleich der Verkehrssituation in Vaihingen mit bzw. ohne Seilbahnanschluss, wobei vor allem eines deutlich wurde: eine ernstzunehmende Vergleichsstudie, die die ökologische und ökonomische Effizienz der geplanten Seilbahn mit der einer Erschließung über entsprechend ertüchtigte und eng getaktete Busse untersucht, gibt es bislang nicht.

8. Weiterhin geht das aktuelle Gutachten von einem täglichen Fahrgastaufkommen von 11.500 Personen aus – eine Zahl, die durch nichts belegt wird und nur dann erreicht werden könnte, wenn alle künftigen Bewohner des Eiermann-Campus mehr als zweimal am Tag die Seilbahn nutzen würden. Und selbst dann zeigt diese Zahl, dass die Seil-bahn allein schon vom wirtschaftlichen Standpunkt her eine Fehlentscheidung wäre. Ein Experte von Drees & Sommer hat schon im vergangenen Jahr konstatiert, dass “man 800 bis 1000 Personen pro Stunde pro Richtung” braucht, ” wenn man eine Seilbahn wirtschaftlich betreiben möchte”.

9. Schließlich wurde noch eine “Umweltfachliche Ersteinschätzung” der Auswirkungen einer Seilbahn abgegeben, die zwar einräumt, dass der Landschaftsschutz betroffen sei, aber man gehe davon aus, durch gewisse Ausgleichsmaßnahmen eine Erlaubnis bzw. Befreiung von der Unteren Naturschutzbehörde zu erhalten. Ein “höheres Konfliktpotential” sieht die Studie im Waldgebiet, gefolgt von den “Offenlandschaften und Grünflächen innerhalb der Siedlung”.

10. Der Referent kündigte an, dass man sowohl Nutzungsbewertung als auch Kostenschätzung noch ausarbeiten müsse und die Förderbedingungen abklären wolle. Außerdem sei die Prüfung der technischen Machbarkeit noch nicht abgeschlossen. Die sogenannte Bürgerbeteiligung ist für die zweite Jahreshälfte vorgesehen.

Die Reaktionen im Ausschuss

Als Erste meldete sich Grünen-Stadträtin Beate Schiener zu Wort, um ihrer anhalten-den und ungebremsten Begeisterung für das Vaihinger Seilbahn-Projekt und ihrer Zustimmung zur favorisierten Trasse Ausdruck zu verleihen. Als ihr Parteifreund Björn Peterhoff im Verlauf der Diskussion darauf hinwies, dass Stuttgart mit dem Bau einer Seilbahn in Deutschland zum Vorreiter werden könne, wurde er von Planerseite gewarnt, das Projekt nicht als Wettbewerb zu sehen. Zudem seien andere Städte wie Bonn wesentlich weiter im Planungsprozess, und man dürfe sich deshalb keinerlei Hoffnung machen, die erste Seilbahn Deutschlands zu bauen.

CDU-Stadtrat Jürgen Sauer reagierte da schon wesentlich verhaltener und forderte generell “mehr Fleisch”, also konkretere Zahlen etwa zur künftigen Auslastung, um die Alternativen zur Seilbahn ernsthaft bewerten und eine ehrliche, offene Diskussion führen zu können. Er betonte, dass “Gründlichkeit vor Schnelligkeit” gehen müsse und sich seine Fraktion vorerst noch nicht festlegen könne.

Auch SPD-Stadträtin Lucia Schanbacher hatte weitere Fragen und mahnte an, das Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren: ein tragfähiges ÖPNV-Konzept für den Eiermann-Campus, der durch die Seilbahn nicht zu einem Satellitenquartier werden dürfe, sondern an den Stadtbezirk angebunden sein müsse. Wie schon ihr Vorredner wies sie auf die Existenz der Bürgerinitiative “Rettet das Rosental” hin und forderte genauere Angaben zu Kapazitätsbedarf, alternativen Trassenverläufen, Kosten, Taktung oder Kabinengrößen. Zugleich warnte sie davor, dass sich die verschiedenen eingesetzten Verkehrsmittel letztlich gegenseitig Konkurrenz machen könnten (sogenannter “Kannibalisierungseffekt”). Der SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Körner betonte später nochmals ausdrücklich, man habe sich in der Frage der Seilbahn noch nicht festgelegt.

Stadtrat Luigi Pantisano von Die Linke wies darauf hin, dass es sich um eine zwar ausführliche, aber vorrangig technische Präsentation gehandelt habe. Seinem Wunsch, die Seilbahn möglichst rasch und parallel zur baulichen Erschließung des Eiermann-Areals zu realisieren, erteilte der städtische Verkehrsplaner Andreas Hemmerich eine Absage, da man von einem jahrelangen Planungsverfahren ausgehen müsse und es daher sicher eine Übergangsphase geben werde, in der das Areal bereits aufgesiedelt werde, aber noch über eine dann ertüchtigte Buslinie angebunden bleiben müsse.

FDP-Stadtrat Armin Serwani überraschte mit der Aussage, dass in nächster Zeit in ganz Deutschland so viele Bäume für den Bau neuer Windräder gefällt werden müssten, dass es auf einzelne Rodungen für eine Seilbahn nicht mehr ankomme.

Stadtrat Christoph Osazek von PULS zeigte sich als klarer Seilbahn-Befürworter, verlangte allerdings die Kürzung der geplanten Trasse um das letzte Teilstück zwischen SSB-Gelände und Autobahn. Außerdem erkundigte er sich speziell nach der Möglichkeit, die vorgeschriebenen Pkw-Stellplätze am künftigen Eiermann-Areal durch den Bau einer Seilbahn reduzieren zu können. (Zum Thema Pkw-Stellplätze finden Sie einen interessanten neuen Beitrag auf unserer Homepage)

Stadtrat Konrad Zaiß von den Freien Wählern zeigte sich beeindruckt von den Dimensionen der vorgesehenen Stützen, die – wie AfD-Stadtrat Dr. Michael Mayer anmerkte – mit 50 Meter Höhe viermal höher seien als die Wuppertaler Schwebebahn. Stadtrat Zaiß sprach außerdem noch die Frage der Sicherheit in den 25 bis 35 Personen fassenden Kabinen an.

Soweit der Bericht über die gestrige Veranstaltung, bei der wesentliche Aspekte wie eine Kosten-/Nutzen-Aufstellung oder ein Vergleich der Seilbahn mit Bus- und S-Bahn-Anbindung fehlten. Die Bürgerinitiative wird also weiter einfordern müssen, belastbare Informationen über das geplante Seilbahnprojekt und die Zukunft in unserem Stadtbezirk zu bekommen. – Dass die enormen finanziellen Schwierigkeiten des Investors am Eier-mann-Campus, die mittlerweile sogar die Hauptnachrichten erreicht haben, unerwähnt geblieben sind, sei nur am Rande erwähnt…

Wer sich die aktualisierte Machbarkeitsstudie genauer ansehen möchte, findet diese auf unserer Homepage unter der Rubrik “Schwarz auf weiß”: Präsentation der SSP Consult vom 03.05.2022

Foto: SSP Consult, Beratende Ingenieure GmbH – © Lena Hainzinger