„Was können Seilbahnen als Teil des ÖPNV leisten?“, lautete am 16. März die zentrale Frage bei einer Online-Veranstaltung der Grünen, an der über hundert Menschen teilnahmen. Obwohl der als Moderator auftretende Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel betonte, dass man sich dem Thema ganz allgemein stellen wolle, wurde schnell klar, dass es an diesem Abend im Kern um das Seilbahnprojekt in Stuttgart-Vaihingen gehen sollte. Schon das Eingangs-Statement der Europaparlamentarierin Anna Deparnay-Grunenberg ließ daran keinen Zweifel. Die ehemalige Stuttgarter Stadträtin konnte nicht verhehlen, wie stolz sie auf ihre lang gehegte Idee einer Seilbahntrasse durch das Landschaftsschutzgebiet Rosental ist. Den Widerstand der Bürgerinnen und Bürger gegen das umstrittene Verkehrsprojekt stempelte die heutige EU-Abgeordnete dagegen als verständliche, aber unbegründete Ängste uninformierter Anwohnerinnen und Anwohner ab.

Um die Zuhörerschaft von den Vorteilen urban genutzter Seilbahnen im ÖPNV zu überzeugen, traten an dem Abend auch Referenten von zwei mit dem Thema befassten Beraterfirmen auf: Stefan Tritschler von der „Verkehrswissenschaftliches Institut Stuttgart GmbH“ und Sebastian Beck von „Drees & Sommer SE, Stuttgart“ hoben vorrangig die Chancen urbaner Seilbahnen hervor, verschwiegen aber auch nicht, dass diese weitgehend unerprobten Verkehrssysteme nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt sinnvoll sind.

Stefan Beck appellierte daher, solche Verkehrsentscheidungen nicht zu politisieren, sondern rein sachlich zu behandeln, „weil politische Wünsche nicht immer die besten Lösungen sind“. Der Einsatz einer urbanen Seilbahn müsse „wirklich einen Mehrwert darstellen, um in die Mobilität und in das Mobilitätsverhalten Entlastung zu bekommen“. Stefan Tritschler erteilte zudem der Hoffnung einer schnelleren planungsrechtlichen Umsetzbarkeit eine Absage: „Der ganze Vorlauf, die ganzen Genehmigungsverfahren sind natürlich ähnlich, teilweise sogar komplexer, das heißt: dass ich später im Bau schneller bin, heißt im Zweifelsfall nicht, dass die Gesamtzeit, die ich brauche, bis ich so eine Seilbahn realisiert habe, viel kürzer ist als bei anderen Systemen.“

Obwohl sich der ausführliche Bericht in der „Filder-Zeitung“ vom 18. März unter der Überschrift „Grüne fordern faire Seilbahndiskussion“ über die rege Beteiligung der Öffentlichkeit an der Veranstaltung ausschweigt, stellten viele Teilnehmende den Experten im Chat kritische Fragen, die gegen die Integration einer Seilbahn in den ÖPNV sprechen könnten. Vor allem die Frage der Wirtschaftlichkeit kam immer wieder zur Sprache. Der Experte von Drees & Sommer bestätigte daraufhin: „Wenn man eine Seilbahn wirtschaftlich betreiben möchte, braucht man 800 bis 1000 Personen pro Stunde pro Richtung. Das muss man ganz klar sagen.“ Da aber schon jetzt absehbar ist, dass solche Nutzerzahlen für die Vaihinger Trasse bei weitem nicht zu erwarten sind, wiesen die Seilbahn-Befürworter auf den volkswirtschaftlichen Nutzen einer derartigen Seilbahn hin, der das betriebswirtschaftliche Defizit aufwiegen und dauerhaft zu leistende Subventionen rechtfertigen würde. Man darf gespannt sein, was die SSB, die Deparnay-Grunenberg als Betreibergesellschaft für die künftige Seilbahntrasse fest einplant, dazu sagt.

Foto: © European Union, 2021